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2004: Ries Ade

Carl Friedr. Böckh aus Nördlingen (1882)

Erbfolgekriege (1701-14, 1741-48, 1778-79), Hungerjahre (1816/17, 1845-47) und die Industrialisierung ließen weite Teile der Bevölkerung verarmen. 1850 lebten 26 % der Nördlinger Haushalte von öffentlichen Almosen. Besonders betroffen waren das Textilgewerbe in der Stadt und die Bauern auf dem Land. Der meistgenannte Grund in den Nördlinger Auswandererakten für den beabsichtigten Wegzug lautete daher: "geringe Vermögensverhältnisse und keine Aussicht auf häusliche Versorgung". Besonders Versorger großer Familien mit vielen Kindern hatten Mühe, ausreichend Arbeit zu finden. Der Nördlinger Schreiner Carl Friedrich Böckh versuchte 1881 mit sechs seiner acht Kinder auszuwandern. Weil ihm die Stadt finanzielle Hilfe dabei versagte, reiste er allein ohne Papiere ab und versuchte von New York aus seine Familie nachzuholen, was ihm im Juli 1882 auch gelang. Carl Friedrich Böckh starb 1909 in San Pedro/Kalifornien. Auch der schon 50-jährige, alleinstehende Schuhmacher Friedrich Endle versuchte mit allen Mitteln seiner Armut zu entkommen. Mangels eigener Finanzmittel erhielt er die Erlaubnis, an den Haustüren Nördlinger Bürger Geld zu sammeln. Mithilfe der Wohltätigkeitsstiftung verließ er im September 1849 Bremerhaven Richtung New York.

Regine Katharina Goschenhofer (1859)

Der Armut folgte häufig die Kriminalisierung der Betroffenen, die wegen Landstreicherei oder Diebstahl verhaftet und verurteilt wurden. Ausführliche Strafregister begleiten z.B. die ledige Dienstmagd Magdalena Burger aus Nördlingen (1868) oder den 18-jährigen Dienstknecht Mathäus Wiedemann aus Deiningen (1883) nach Amerika. Vorstrafen machten es schwierig, ein Dienstverhältnis zu finden. "Ohne Aussicht auf häusliche Versorgung" und mit einem "notorisch getrübten Leumund" verließ die schon 34-jährige, ledige Dienstmagd Regine Katharina Jakobine Goschenhofer aus Nördlingen 1859 das Land. Sie entkam so einer 6-jährigen Zwangsarbeit und konnte ihrem Leben eine positive Wendung geben: Sie ließ sich in Philadelphia/Pennsylvanien nieder und heiratete den Schuhmacher Heinrich Böhle aus dem Rheinland. Zur Vermeidung weiterer Probleme und Kosten wurde manch Auffälliger sogar offiziell auf die Auswanderung hingewiesen, so z. B. der Nördlinger Maurer und Tuchmacher Karl Gottlob Karl. Er stammte aus unehelichen Verhältnissen und füllte von 1867 bis 1870 sein Strafregister mit Diebstahl, Bettel und Landstreicherei an. Mit Beschluss vom 24.10.1872 wurde der ledige 23-Jährige "mit öffentlichen Mitteln nach Amerika spediert". Er verließ den Bremer Hafen auf dem Dampfer "Rhein" nach New York mit unbekanntem Ziel.

Die Geschwister Abt aus Nördlingen (1854)

Besonders Versorger großer Familien hatten Mühe, ausreichend Arbeit zu finden. Viele Kinder litten unter der Not, sie mussten im Waisenhaus oder bei Pflegeeltern untergebracht werden. Entschieden sich die Eltern auszuwandern, begann auch für die oft schwachen und mangelernährten Kinder ein strapaziöser Weg. Die zweijährige Anna Barbara Heissler aus Schweindorf, starb dabei 1852 kurz vor dem Ziel in Buffalo. Ihren bei der Überfahrt auf der Barke "Kopernikus" geborenen Bruder Johann Georg verloren die Eltern zwei Moate später in St. Clair/Michigan. Besonders gefährlich war es für Kinder, die ohne Eltern reisen mussten, wie die drei Geschwister Abt aus Nördlingen. Der Vater Michael Abt plante 1854, seine Familie von New York aus zu holen, doch seine Frau starb kurz vor der geplanten Abreise. Ihre Töchter Katharina (12) und Babette (10) mussten ins Waisenhaus, der Sohn Johann (5) kam in Pflege, bis der Vater von Amerika aus eine Begleitperson gewinnen konnte. Die Gerbersfrau Luise Huber aus Bopfingen, die selbst ihrem Mann nach Newark folgen wollte, nahm die Kinder mit. Not und Verwahrlosung führten häufig dazu, dass schon Kinder wie die 15-jährige Regine Niklas aus Nördlingen straffällig werden konnten. Als Diebin verließ das unehelich geborene Kind samt Vorstrafenregister 1854 mit dem Schiff "Meta" den Bremer Hafen.

Die Lindenmeyers aus Nördlingen (1854)

Zehn Kinder gebar Rosine Lindenmeyer ihrem Mann Johannes, einem Leinweber, der mangels Arbeit Zimmermaler wurde. Fünf davon starben schon kurz nach der Geburt. Für die übrigen fünf Kinder schien die Heimat keine Perspektiven zu bieten. Die älteste Tochter Margarethe Regine verließ 1852 mit 24 Jahren als erste ihre Vaterstadt. Ihr folgten 1854 Heinrich (*1835) und Johannes (*1833). 1856 emigrierten die beiden Jüngsten: Georg Philipp nach österreich und Karoline zu ihren zwei Brüdern nach New York. Um die Familie wieder zu vereinen, stellten auch die Eltern Johannes und Rosine Lindenmeyr 1857 einen Auswanderungsantrag zu ihren vier Kindern nach Amerika. Der Antrag wurde jedoch aufgrund einer allzu hohen Schuldenlast in Nördlingen wieder zurückgezogen. Heinrich und Johannes begannen 1859 in Lower Manhattan/New York in einem kleinen Büro mit Lagerhaus, die florierende Papierfabrik "Lindenmeyr & Brother, Paper Company" aufzubauen. Heinrich heiratete dort, hatte mit seiner Frau Thekla 12 Kinder und starb 1895 als Multimillionär. Johannes zog sich bereits 1875 aus der Firma zurück. Sein weiterer Werdegang ist unbekannt. Die Firma existiert noch heute unter dem Namen "Lindenmeyr & Monroe" in New York. Sie wurde 1984 vom Central National-Gottesman Inc. (CNG) übernommen.

Oskar Mayer aus Kösingen (1873)

Der gemeinhin berühmteste Auswanderer aus dem Ries war ohne Zweifel Oskar Mayer (*1859), der - geboren in Kösingen und aufgewachsen in Mönchsdeggingen - eine Metzgerlehre in Nördlingen absolvierte. Mit der Familie seines Vetters Johann Schroll wanderte Mayer aus wirtschaftlichen Gründen 1873 aus. Die Familie zog zunächst nach Detroit, später nach Chicago, wo sie einen Metzgereibetrieb pachtete. 1883 gründete Oskar seinen eigenen Betrieb "Oskar Mayer & Bro.", zusammen mit seinem nachgereisten Bruder Gottfried. Oskar Mayers Betrieb expandierte nach und nach, bis er bei seinem Tod 1955 einen Umsatz von 300 Millionen Dollar erreicht hatte. Die Firma umfasste neben dem Stammwerk in Chicago sechs Zweigbetriebe sowie 24 Verteilerzentralen. Mit dem sog. "Wienermobil" startete Mayer einen epochalen Werbefeldzug. Obwohl die Firma 1981 Teil des "Kraft Food"-Konzerns wurde, kann, der 1998 2,5 Billionen Dollar umsetzte, heute noch jedes Kind in Amerika den Wiener-Song von "Oscar Mayer" pfeifen. Oskar Mayer erinnerte sich immer gern an seine Heimat und hielt engen Kontakt. 1899 stiftete er der Kirche in Mönchsdeggingen eine Orgel. In Nördlingen legte er 1926 mit einen Betrag von 500 Dollar den Grundstock für die Knabenkapelle.

Maximilian Strasser aus Gunzenheim (1885)

Der Bauerssohn Maximilian Strasser (*1862) wuchs in einfachsten Verhältnissen in Gunzenheim bei Harburg auf. Nach Bäckerlehre und Militärdienst verließ er 1885 das Land. Er begann mit Gelegenheitsarbeiten, bis er durch Fleiß und Zielstrebigkeit 1898 ein eigenes Geschäft in New York eröffnen konnte. Seine Ehe mit der elsaßdeutschen Lydia Lux blieb kinderlos, dafür gliederte er nach und nach seine Nichten und Neffen aus Deutschland in den Betrieb ein. Strasser war ein einfacher und fleißiger Mann. Engagiert für das Bäckerhandwerk, wurde er Präsident des New Yorker Staatsverbandes der Kleinbäcker und gründete dort den Bäckermeister-Gesangverein. Dank eines günstigen Dollarkurses konnte sich der heimatverbundene Bäcker auch für verarmte bayerische Berufskollegen einsetzen. In seinem Heimatdorf Gunzenheim ließ er einen Friedhof mit Leichenhalle und ein Schulhaus bauen. Auf seine Kosten wurde die Kirche renoviert und neu ausgestattet. Die Feuerwehr erhielt eine neue Fahne und seinen Geschwistern finanzierte er neue Häuser. Maximilian Strasser starb 1929 in New York. Zahlreiche Nachrufe gedachten des großzügigen Mannes.Sein Leichnam wurde nach Gunzenheim überführt, wo Münchens Oberbürgermeister Karl Scharnagl den Trauerzug anführte.

Gustav Adolf Strauß aus Nördlingen (1854)

Nachrückende Siedler ließen sich in der "Neuen Welt" nieder und kamen nach und nach zu Wohlstand. Ein Handelsmarkt wuchs, der für europäische Kaufleute ein verlockendes Ziel war. Auch Rieser Geschäftsleute wanderten mit Kapital nach Amerika aus, wie z.B. Gustav Adolf Strauß, 29-jähriger Sohn eines Nördlinger Kaufmanns. In Begleitung seiner späteren Frau Rosine Hueber setzte er 1854 mit dem Dampfer "Herman" über und reiste gleich darauf nach Michigan, wo sein Bruder Fritz und der Schwager Karl Hüber schon seit 1851/52 lebten. Gustav Adolf lernte die Konditorei amerikanischen Stils und begann mit seinem Bruder in St. Clair/Michigan ein Lebensmittelgeschäft. Rote Zahlen zwangen die Brüder jedoch zur Trennung. Auch in den Folgejahren blieb der Geschäftserfolg aus. 1858 resümmierte Strauß in seinem Tagebuch: "Welch Leiden! - Mit Vermögen von Deutschland in dieses Land gekommen, sehen wir dasselbe nun nach noch nicht ganzen 4 Jahren in alle Winde verstoben!" Trotz seines geschäftlichen Misserfolgs vertraute man Gustav Adolf Strauß viele öffentliche Ämter an: In den 1870er Jahren war er Alderman (Stadtrat), City Treasurer (Kämmerer), Supervisor (Rechnungsprüfer) und öffentlicher Notar. Höhepunkt seiner politischen Laufbahn war 1879 die Wahl zum Bürgermeister von St. Clair. Strauß starb dort am 19.2.1895.

Leopold Guldmann aus Harburg (1870)

1852 wurde Leopold Guldmann als jüngstes von sieben Kindern eines jüdischen Metzgermeisters in Harburg geboren. Als 18-jähriger erreichte er 1870 auf dem Schiff "Cimbria" New York und ließ sich zunächst als Händler in Watertown/Wisconsin nieder. Als 1877 silberhaltige Bleivorkommen in den Rocky Mountains entdeckt wurden, begab sich Guldmann auf den Weg nach Colorado.

Er verdiente dort Geld, indem er nicht selbst nach Bodenschätzen grub, sondern die Arbeiter in Cripple Creek und Leadville mit Waren des täglichen Bedarfs versorgte. Guldmanns Geschäfte florierten, so dass er 1879 in Denver/Colorado die "Golden Eagle Dry Goods Company" gründen konnte. Der erfolgreiche Kaufmann tätigte nur Bargeldgeschäfte, investierte viel Geld in Werbung, kaufte günstig aus Räumungsverkäufen und spekulierte mit Grundstücken. 1905 baute Guldmann ein Kaufhaus, das zu den größten und schönsten seiner Art gehörte. Als dankbarer Neubürger und Patriot warb er mit dem goldenen Adler, dem Wappentier der Vereinigten Staaten. Im Denver residierte der Familienvater in der prachtvollen Villa "Guldman Mansion". Er förderte jüdische Sozialprojekte und pflegte Kontakte ins Ries. Als er 1936 starb, nannte man seine Lebensgeschichte in einem Nachruf "das wahre Märchen vom Einwanderer-Jungen zum Handels-Prinz".

Das Phänomen der Kettenwanderung

Der Bundesstaat Michigan war beliebtes Ziel schwäbischer und bayrischer Auswanderer. Schon ab 1830 gründeten Lutheraner aus der Nähe von Stuttgart nahe Ann Arbor/ Michigan eine Kolonie. Fränkische Siedler aus Neuendettelsau errichteten Frankentrost und Frankenhilf in den 1850er Jahren. Ein besonderes Phänomen dabei ist die sog. "Kettenwanderung": Eine ausgewanderte Person oder Familie, die sich in Amerika erfolgreich niederließ, zog weitere Siedler nach sich. So entstand ein Netzwerk, das viele Vorteile mit sich brachte. Bereits bestehende Kontakte konnten geschäftlich genutzt, Erfahrungen mit dem neuen Land ausgetauscht werden. Fern von daheim entstand ein Stückchen Heimat, indem man sich mit Landsleuten traf und gemeinsam in Erinnerungen schwelgte. Familien verloren sich nicht aus den Augen und neue entstanden durch Verheiratung untereinander. Für die Rieser Auswanderer war das County ("Landkreis") St. Clair in Michigan solch ein zentraler Sammelplatz. Das Land zwischen Erie- und Huronsee war vom Schiffshafen New York aus leicht erreichbar. Es bot den Rieser Landwirten und Handwerkern mit fruchtbaren Feldern, Wäldern und dem Schiffsbau ein gutes Auskommen in ihren erlernten Berufen. 1870 war dort die Herstellung von Brettern, Mehl, Schuhen, Wagen, Leder, Maschinen und gusseisernen Waren Schwerpunkt des Gewerbes.

Rieser in St. Clair County/Michigan (1849)

Die ersten Rieser, die sich im St. Clair County niederließen waren 1849 Georg Husel und Fred Lanzer aus Hürnheim sowie die Wirtsfamilie Georg Metzger und der Bäcker Christian Hubel aus Nördlingen mit Familie. Ihnen folgte 1850 mit dem Schiff "Aristides" eine Gruppe von elf Personen, bestehend aus weiteren Mitgliedern der Familien Husel und Hubel, Andreas Eber (Unterringingen), Anna Klingler (Mönchsdeggingen), dem Geschwisterpaar Mayer (Diemantstein) sowie dem Ehepaar Weidner (Nördlingen). Bis 1871 sind bislang 80 weitere Personen nachweisbar. Sie bildeten durch Verheiratungen in der zweiten Generation ein komplexes Sozialgeflecht. Die Rieser Auswanderer kamen vorwiegend im Schiffshafen New York an. Der Hudson-River führte sie nach Albany im Norden. Züge oder Planwägen brachten sie von dort aus westwärts nach Buffalo am Erie See, den sie dann mit dem Dampfer querten. Erie-See und Huron-See werden durch den Fluss St. Clair verbunden, an dessen Westufer das St. Clair County liegt. Die Dampfer stoppten dort an jeder gewünschten Stelle. Im St. Clair County, das etwa so groß wie der Landkreis Donau-Ries ist, fanden die Rieser eine neue Heimat. Sie siedelten vorwiegend in den Gemeinden St. Clair und Marine City. Sie und viele andere Einwanderer ließen die Bevölkerungszahl von 8.375 (1845) auf 54.321 (1894) anschwellen.

Rieser in Amerika

Das Ries hatte um 1850 rund 32.000 Einwohner. über 1.330 davon verließen ihre Heimat Richtung Nordamerika. Dort erhofften sie für sich freie Berufswahl und persönliche Entfaltungsmöglichkeiten Religionsfreiheit und eine demokratische Verfassung, Landbesitz und Wohlstand. Abgesehen von länderunabhängigen Unglücks- und Todesfällen machten die meisten Rieser in bescheidenem Rahmen ihr persönliches Glück. Ihre kulturelle Eingliederung hat alltägliche Züge: Freunde und Schule, Beschäftigung auf der Farm, Militärdienst im Bürgerkrieg, Heirat und Familiengründung. Dennoch beeinflussten sie zusammen mit anderen Einwanderern Geschichte, Politik und Alltagsleben. Sie wurden Teil der amerikanischen Kultur und Gesellschaft, einem dynamischen, politisch und sozial erst entstehenden Land. So finden sich Kinder und Enkelkinder Rieser Einwanderer als englisch sprechende amerikanische Staatsbürger in einem Football-Team wieder. Stolz und emotional nehmen ihre Nachfahren heute noch ihre Rieser Herkunft wahr. Was die amerikanische Unabhängigkeitserklärung von 1776 in dem "Streben nach Glück" als Menschenrecht forderte und in der Verfassung garantieren wollte, das lebten deutsche Emigranten - wenn auch zumeist mit kleinen Erfolgen.

 

 

 

Neue Ausstellung eröffnet

(heja). 'Ries Ade! Auswanderung aus Nördlingen und dem Ries im 19. Jahrhundert' - so der Titel der neuen Ausstellung im Stadtmuseum, die am Sonntag feierlich eröffnet wurde. Anhand von fast 40 Einzel- und Familienschicksalen wird hier sehr anschaulich und informativ der Weg von Rieser Kaufleuten, Handwerkern, Künstlern, Wissenschaftlern, Journalisten, Gärtnern, Mägden und Knechten in ihre neue Heimat Nordamerikas nachgezeichnet und das Phänomen 'Auswanderung' in seiner menschlichen Dimension dargestellt. Offenbar hat Museumsleiterin Andrea Kugler mit ihrem Ausstellungskonzept einen Nerv der Zeit getroffen, denn das Interesse zur Eröffnungsfeier, die von einem Quartett der Nördlinger Knabenkapelle musikalisch umrahmt wurde, war ausgesprochen groß. Außerdem, darauf wies insbesondere Nördlingens Oberbürgermeister Paul Kling in seiner Begrüßung hin, wird in Nördlingen vom 24. Juni bis zum 26. September eine große Landesausstellung zum gleichen Themenkreis in der Schranne stattfinden: 'Good Bye Bayern - Grüß Gott America. Auswanderung aus Bayern nach Amerika seit 1683', so der Titel. Beides zeige, dass Migration ein sehr aktuelles, aber auch ein historisches Phänomen sei. Auch im Ries hätten andere Völker, wie die Kelten, Römer und Alemannen ihre Spuren hinterlassen und die Rieser seien mithin ein Völkergemisch, so Kling. Dass vor rund 150 Jahren 'Tausende unserer Landsleute als Ausländer in Amerika ankamen', davon, so die Museumsleiterin Andrea Kugler, erzähle die Ausstellung im Stadtmuseum, die bis zum 7. November läuft. Schlechte wirtschaftliche Bedingungen, ein starres und unfreiheitliches bürokratisches und gesellschaftliches System, Verarmung durch Industrialisierung und Perspektivlosigkeit seien damals Gründe für das Verlassen der Heimat gewesen. Besonders groß sei der Auswanderungsdruck bis 1860 bei der jüdischen Bevölkerung gewesen, die durch das 'Judenedikt' von 1813 bis 1861 in ihren Freiheiten stark eingeschränkt gewesen sei. Mit der neuen Ausstellung wolle man 'die Menschen als Spielfiguren der Geschichte' in den Mittelpunkt rücken, wobei es besonders schwierig gewesen sei, aus der Fülle des Datenmaterials interessante bzw. typische Einzelschicksale 'herauszupicken'. Kulturschock So begegnet der Ausstellungsbesucher auf seiner Spurensuche vom Ries nach New York, Chicago Illinois oder St. Clair Michigan dem Nähermemminger Landsmann Heinrich Lindenmeyer, der eine Papierfabrik in Lower Manhattan gründete oder aber dem Metzger Oscar Mayer aus Kösingen, der Karriere als Wurstfabrikant in Chicago machte und der in Amerika noch heute ein Begriff ist. Es wird gezeigt, wie beschwerlich es war, die Erlaubnis zur Auswanderung zu erhalten, und auch, dass die Auswanderung häufig in einer Art 'Kulturschock' endete. Die Eingliederung in die amerikanische Gesellschaft wiederum wird am Beispiel der 130 Rieser gezeigt, die in St. Clair County/Michigan siedelten. 'Ries Ade!' macht so auf sehr anschauliche und atmosphärisch dichte Weise Geschichte lebendig, steht aber gleichzeitig für eine enorme Forschungsarbeit: Recherche im Internet, Durchsicht von Mikrofilmen, alten Schiffspassagierlisten und Kirchenbüchern, die Auswertung von Verabschiedungsanzeigen in den Zeitungen von Nördlingen und Oettingen. Für diese zum Großteil auch ehrenamtlich geleistete Arbeit dankte Andrea Kugler. Vor allem galt ihr Dank Cindy Cooper, die seit sieben Jahren das Stadtmuseum ehrenamtlich begleitet. Insgesamt 1300 Rieser Namen wurden so zusammengetragen und in einer Auswanderer-Datenbank zusammengefasst, die sowohl im Museum für den Besucher als auch über das Internet unter www.Ries-A.de zugänglich ist. Darüber hinaus stellten viele private Leihgeber Exponate zur Verfügung und es kamen sogar ganz besondere Gäste zur Ausstellungseröffnung: die Nachfahren des Auswanderers Heinrich Lindenmeyer.

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