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(Epitaph für Paul Strauß, 1469)

Wie der nach historischem Vorbild erneuerten Rahmeninschrift zu entnehmen ist, ist das Epitaph dem Nördlinger Bürger Paul Strauß gewidmet, dessen Familienwappen deutlich neben der Stifterfigur dargestellt ist. Strauß entstammt einem der ältesten ratsfähigen Geschlechter in Nördlingen und war ein vermögender Mann. Er erwarb 1412 das Bürgerrecht und hielt 1418 Einzug in den Rat der Stadt. 1438 wurde er Bürgermeister und ist als solcher bis 1444 erwähnt. Bis mindestens 1446 hatte er darüber hinaus das Amt des Spitalpflegers inne. Als Bürgermeister der Reichsstadt Nördlingen und Spitalpfleger war er in einer machtvollen Position. Strauß war dreimal verheiratet: Nach dem Tod seiner ersten Frau Agnes Fuchshart heiratete er Barbara Gernand, geb. Zindlin. Mit seiner dritten Frau, einer Frickhingerin, stiftete Strauß 1452 die Seelhäuser. Der - allerdings erneuerten - Epitaphinschrift zufolge starb er am 9. März 1469.
Nach wie vor konnte bislang kein archivalischer Beweis dafür erbracht werden, ob es sich bei diesem Gemälde um ein eigenhändiges Werk Friedrich Herlins, die Arbeit eines Werkstattgesellen oder um die des Malers Friedrich Walters handelt.
Genauso interessant wie die Frage der stilistischen Zuschreibung ist der Inhalt der Darstellung: Die hochrechteckige Tafel zeigt Christus, der auf gefließtem Boden vor einem Brokatvorhang steht und seine Wundmale zeigt. Das dornengekrönte Haupt ist von einem dreifach gegliederten Kreuznimbus umstrahlt. Seine Arme sind erhoben, seine Beine leicht auseinandergestellt.
Zu seiner Linken kniet der Stifter und Auftraggeber des Epitaphs, Paul Strauß, der durch das beigegebene Wappen identifiziert wird. Während der Schmerzensmann ein gängiges Motiv auf Epitaphien ist, zeigt dieses Gemälde darüber hinaus Christus als Schmerzensmann in eucharistischer Symbolik: Aus dem Wundmal des rechten Fußes wächst aufwärts durch die blutende linke Hand ein langer Halm, der sich sieben mal verzweigt und als Hinweis auf Christi Leib sieben ähren trägt. Gegengleich sprießt aus der blutenden Wunde des linken Fußes eine Weinrebe mit vier Weintrauben und sechs Blättern . Sie durchwächst die rechte Hand als Hinweis auf Christi Blut. Je eine Traube und eine ähre neigen sich zur Hostie, die über einem goldenen Kelch zur Rechten des Schmerzensmannes schwebt.
Die Darstellung ist als Allegorie der Transsubstantiation, der "Verwandlung" von Brot und Wein in den "wahren Leib und das wahre Blut Christi" anzusehen. Sie steht in der Tradition der mittelalterlichen Hl. Blut-Mystik. Im Kirchenjahr gewinnt die Darstellung vor allem am Fest der Verklärung des Herrn, der "transfiguratio domini" am 6. August besondere Bedeutung, das 1457 von Papst Calixtus III. allgemein vorgeschrieben wurde. Noch wichtiger war sie jedoch am "festum corporis Christi", dem Fronleichnamsfest, das bereits 1317 unter Papst Johannes XXII. allgemeine Geltung erlangte. Der eucharistische Christus diente als Andachtsbild, das an keine Schriftstelle gebunden, sondern freie Erfindung und Ausdruck individueller Gefühlsregung war. Zweiflern der "transsubstantiatio" sollte mit einem solchen Bild die theologisch-dogmatische Wahrheit der offiziellen Glaubenslehre mitgeteilt werden.
Paul Strauß, Stifter und Auftraggeber des Epitaphs, konnte mit Sicherheit wesentlichen Einfluss auf die Darstellung nehmen. Er schien nicht zu zweifeln, sondern von der Wahrheit des Vorgangs überzeugt gewesen zu sein. Besondere Aussagekraft bekommt das Bild des eucharistischen Christus darüber hinaus in Nördlingen, wo die Verehrung von Christi Leib eine besondere Tradition hatte. 1422 wurde die Klosterkirche des Karmelitenklosters zu Ehren Corporis Christi oder als St. Salvator Jesus Christus mit fünf Altarkaplaneien geweiht. Der mächtige Kirchenbau hatte seinen Ursprung im sog. "Hostienwunder", das sich in Nördlingen am 17. April 1381 ereignet hatte und eine lebhafte Wallfahrt nach sich zog. 1401 existierte in der Kirche ein "Altar zu Ehren des göttlichen Leibes und Blutes" , dessen Aussehen und Geschichte jedoch nicht näher bekannt ist. Zur Verehrung des Altarsakraments fand jeden Mittwoch eine Prozession mit dem Allerheiligsten zu dem Ort statt, an dem die Hostie gefunden wurde. Jeden Donnerstag wurde ein Amt vor dem Heiligen Sakrament abgehalten.
Die Familie Strauß schien mit der Salvatorkirche besonders verbunden zu sein. Neben vielen Altären, Grabdenkmälern und Totenschilden befanden sich dort auch Stifterbilder der Familie Strauß, darunter die Tafel des hl. Wendelin mit der knienden Barbara Vetzner, geb. Strauß, und ihre Tochter (dat. 1467) sowie ein hl. Sebastian mit dem kniendem Baltasar Strauß. In direkter Nachbarschaft zur Salvatorkirche stifteten Paul Strauß und seine Ehefrau die "Seelhäuser", für "arme Leute, die Bürger zu Nördlingen sein mussten, zu einer Herberg", eine heute noch bestehende Wohnanlage für Bedürftige. In den Seelhäusern befand sich bis 1993 ein undatiertes Stifterbild, welches das Schmerzensmann-Thema in ähnlicher Weise aufgreift wie das Epitaph des Paul Strauß: Zwischen wappengeschmückten Stammbäumen, unter der Inschrift "Strauß und Frickhinger'sche Familien-Seelhaus Stiftung" steht die Dreiviertelfigur des Schmerzensmannes mit ausgebreiteten Armen in einem rechteckigen Behälter, einer Kelter. Er wird flankiert von einer Traubenrebe links und einem ährenzweig rechts. Der Stifter am rechten Bildrand - offensichtlich Paul Strauß - blickt zur Gestalt des Christus empor. Diese deutliche Verbundenheit der Familie mit der Salvatorkirche sowie das Epitaph-Thema des Schmerzensmannes lassen den vorsichtigen Schluss zu, dass das Epitaph des Paul Strauß eventuell für die St. Salvatorkirche gestiftet, jedoch vor 1768/69 in die Georgskirche gebracht worden war.

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